Breites Jobsterben. Oder eine neue Chance?

Ich gehe davon aus, dass nicht nur Unternehmen von disruptiven Veränderungen betroffen sind, sondern auch Menschen wie Sie und ich.

 
1. Werden Sie ersetzt?
 
Ohne es übertreiben zu wollen, gehe ich tatsächlich davon aus, dass jeder, der einen Arbeitsplatz mit Prozessbeschreibungen und sich wiederholenden Aufgaben oder Tätigkeiten hat (einen sogenannten „sicheren Arbeitsplatz“, in Wirklichkeit auf der größten Zeitbombe sitzt und in den kommenden 5-10 Jahren davon ausgehen sollte, dass er durch eine Maschine ersetzt wird. 
Oder anders formuliert: Jede Routine-Tätigkeit wird in Zukunft Schritt für Schritt durch eine Maschine ersetzt – sobald diese verfügbar ist. Und ist sie nicht verfügbar, interessiert sich jemand dafür, sie zu erfinden. 
Oder nochmals anders formuliert: Wenn Sie einen Job haben, der Kreativität fordert und Sie jeden Tag vor neue, ungeplante Herausforderungen stellt, vor allem einen Job, der mit den nicht vorhersehbaren Handlungen und Emotionen von Menschen umgehen muss, gibt Ihnen das Arbeitsplatzsicherheit. Unregelmäßigkeit, emotional adäquater Umgang und exzellente Beziehungsfähigkeiten sowie Kreativität sind in Zukunft gefragt. Jobs, die das nicht aufweisen, wird es logischer Weise nicht mehr geben. Und an dieser Stelle bitte ich Sie, kurz innezuhalten, um die Auswirkungen dieser Sätze in ihrer Tragweite zu erfassen… 
 
Denn das bedeutet, dass auch Berufsbilder wie Ärzte in deren aktuellen Diagnose- und „Verschreibungs“-Aufgabe sich völlig neu erfinden müssen und natürlich auch Lehrer. Und Polizisten. Und die gesamte Verwaltung. Und die Banken! Aber auch die Anwälte. Und die Lebensmittelhändler. Der Handel generell… Wen davon brauchen wir überhaupt noch, wer wird ersatzlos gestrichen? Die Straßenpolizisten, welche die Geschwindigkeit an den Autobahnen kontrollieren, brauchen wir ab Einführung der Streckenüberprüfung nicht mehr. Und ebenso wenig brauchen wir Lehrer, wenn sie weiterhin das als „Stoff“ sehen, was sie derzeit „unterrichten“. Denn es gibt bereits wesentlich besser aufbereitetes Material für alle klassischen Gegenstände auf Youtube, die Sprachbuddy-Netzwerke, die Apple anbietet, lassen eine Sprache mit Sicherheit verlässlicher lernen als jede Klassensituation mit garantierten 100% non-natives; und neben der gewaltigen Zeitersparnis, die mehr Platz für Kreatives bei den Schülern schafft, fallen auch all der Zynismus, die Demotivation und die Ungerechtigkeit weg, mit denen die Lehrer unsere Kinder 12 Jahre lang (!) täglich laden. 
 
Buchhalter wird es meines Erachtens in 10 Jahren nicht mehr geben, und auch keine SEO-Spezialisten, und schon gar keine Webshop-Programmierer. Keine PR-Experten, keine Lohnabrechner… die Liste ließe sich endlos lange fortsetzen. 
 
2. Neue Chancen in Sicht?
 
Ebenso endlos lang, wenn auch zum Teil noch völlig unbeschrieben erlebe ich das Blatt mit der Liste jener Berufe, die neu entstehen. Sie ist deshalb weitgehend unbeschrieben, weil es die Berufsbilder meines Erachtens heute noch gar nicht gibt. Das Interessante an dieser aktuellen Revolution (wie auch an den entsprechenden Revolutionen einige Jahrhunderte zuvor) ist: Wir werden nicht eines Tages aufwachen und es „gibt“ all die neuen Jobs. Oder anders, härter formuliert: Es macht meines Erachtens keinen Sinn, darauf zu warten, dass neue Jobangebote entstehen, für die Sie sich dann bewerben können. 
Diese neuen Jobs entstehen nur dadurch, dass Menschen eine Tätigkeit erfinden, die geschickt eine neu entstehende Lücke schließt und denen diese Menschen eine klingende Berufsbezeichnung geben, ähnlich wie in den 1920er Jahren die Berufe des Automechanikers und des Chauffeurs entstanden sind. 
 
3. Raus aus der Komfortzone – rein in die Kreativität
 
Anstatt als junger Mensch darüber zu jammern, dass es keine Jobs mehr gibt, sich mit hundert anderen ebenso schlecht für die Zukunft gerüsteten Mitbewerbern um einen Job anzustellen und sich am Ende dafür zu entscheiden, ein unbezahltes Praktikum zu machen, um „irgendwie reinzukommen“, geht es aus meiner Sicht vielmehr darum, zu überlegen, 
• wo es Lücken gibt, die Unbequemlichkeit, fehlenden Service, fehlende Leistung oder Dienstleistung hinterlassen; 
• wo es Prozesse oder Produkte gibt, die nicht wirklich funktionieren – und Alternativen schaffen; 
• wie sie sich mit anderen zusammen tun und überlegen können, wie eine spannende Zukunft gestaltet werden kann, und diese in zukunftstauglicher Art über die neuen Kanäle der entsprechenden Zielgruppe anzubieten. 
 
Das Zeitalter der „Arbeitssuche“ haben wir meines Erachtens kollektiv nachhaltig beendet – das wissen wir, weil wir die wachsenden „Arbeitslosenstatistiken“ aufmerksam lesen, die im Übrigen auch nicht mehr zu jener Zukunft passen, die wir alle bereits in vollen Zügen leben.
Das kann nicht jeder, meinen Sie – Arbeit neu zu definieren? Das glaube ich auch. Weil wir leider ein Leben lang darauf hin entwickelt wurden, uns für Arbeit zu bewerben, die schon da ist – in der Erziehung, in Kindergärten, Schulen und anderen Ausbildungsstätten, Universitäten. Und dann wäre genau heute der beste Zeitpunkt, mit der Arbeitssuche einfach aufzuhören. 
 
All meine Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Das macht mehr Sinn und bringt mehr Erfüllung als eine nicht enden wollende Serie von Praktika, bei denen junge Menschen meist wie Vollidioten behandelt werden und am Ende nichts gelernt haben, weil sie erstens nicht ernst genommen werden und sich zweitens in die Endlosschleife der alten Welt integriert haben, die morgen ohnehin keine Berechtigung mehr hat. 
 

 

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