Ja, es stimmt: Paradigmen machen zugegebenermaßen unser Leben um einiges leichter, weil sie unser Handeln automatisieren. Denn wenn wir genau wissen, „wie´s geht“, „was richtig ist“, „was zu tun ist“ und „wie man es tun muss“, dann erspart dies Zeit und Nachdenken.
Aber die Frage ist, in wie vielen Bereichen wir uns überhaupt noch auf Paradigmen ausruhen können, wo doch alle „automatisierbaren“ Handgriffe praktisch schon auf Maschinen und Computern übertragen wurden und von uns eben genau dieses Unkonventionelle, das Querdenken, das „Anders denken“ gefragt wird – wo wir praktisch für das Aus-der-Reihe-Tanzen bezahlt werden (sollten), und wo wir uns nur durch das Andersdenken und Anders handeln von anderen unterscheiden können.
Eine Frage, die uns seit Jahrzehnten beschäftigt. Sonja Radatz hat dazu eine überraschende Antwort: Weder noch. Sie ersetzt die Begriffe „weiblich“ und „männlich“ durch die von Humberto Maturana geprägten Begriffe „matristisch“ und „patriarchal“ – und stellt in ihrer Coaching- und Weiterbildungspraxis fest: Frauen können sehr patriarchal führen – ja, die meisten „erfolgreichen“ Frauen führen patriarchal! – und Männer können auch matristisch führen. Gefragt, ob matristische oder patriarchale Führung erfolgreicher ist, meint sie: Kommt darauf an. Worauf?
Wenn wir Sokrates mit seiner grundsätzlichen Aussage: „Ich weiß, dass ich nicht (endgültig) weiß“ und dem darauf aufbauenden Relationalen Ansatz mit der grundsätzlichen Idee folgen, dass „die Welt zwischen uns entsteht“, dann dürfen wir das jeweils „Funktionierende“, das „Passende“ immer wieder aufs Neue herausfinden; aber „richtig“ bzw. „falsch“ oder „objektiv“ wird es nie.
Sehen wir uns die klassische Gesprächsführungs- und Coachinglandschaft an: „Problemlösung“, soweit das Auge und Ohr reicht. Dabei dreht sich alles um die aktuelle Situation – als ob es immer sinnvoll wäre, diese zu reparieren! Meine Erfahrung aus Relationaler Sicht ist: Die Zukunft neu zu gestalten anstatt die Gegenwart zu reparieren ist nicht nur in den meisten Fällen sinnvoll, sondern auch die einzige Möglichkeit. Wie funktioniert das?